Schreibtisch – für die Compagnie Parisienne de distribution d'électricité

Schreibtisch – für die Compagnie Parisienne de distribution d'électricité

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Technique:

Lot n° 369
Stahlblech, lackiert; Edelstahl; Linoleum. 78,4 × 168,9 × 84 cm   
 
Provenienz: 1934 angefertigt für die Compagnie Parisienne de distribution d'électricité, Paris / Privatsammlung, Schweiz / Privatsammlung, Hessen

Le Corbusier sagte über Jean Prouvé, dass er „die Seele eines Ingenieurs mit der eines Architekten“ vereine. Prouvés revolutionäres Schreibmöbel von 1934 für die Compagnie Parisienne de distribution d'électricité belegt dies eindrücklich.
Jean Prouvé gilt als einer der eiflussreichsten Gestalter und Produzenten moderner Bauten und Möbel des frühen 20. Jahrhun- derts. Mit seinen Arbeiten im Bereich der Vorfertigung und der seriellen Industrieproduktion definierte er weite Teile der Ästhetik der frühen Moderne. Quelle seines Schaffens war die Auseinandersetzung mit der Frage, wie optimale Bearbeitungs- und Verwendungsmöglichkeiten für einzelne Materialien wie beispielsweise Stahlblech aussehen könnten. Die Ästhetik eines Gegenstands folgte für ihn dabei dem Industrieprozess und ergab sich allein aus der Konsequenz der Fertigungsabläufe.
Stahlblech faszinierte Prouvé, weil die einfache Verarbeitung durch moderne Falzmaschinen das Material ideal für die Umsetzung seiner Ideen machte. Er versuchte, Stahlblech stets seinen Eigenschaften entsprechend zu verarbeiten und war kontinuierlich auf der Suche nach einer inneren Logik des Materials. Gebogene und gefalzte Stahlbleche verkörperten seiner Ansicht nach eine geeignete Symbiose des leichten Ausgangsmaterials mit biegesteifen, funktionalen Endprodukten. Seine Kritik galt daher nicht zuletzt den für ihn „unlogischen“ Freischwingerstühlen von Marcel Breuer oder Mies van der Rohe. Kleine Rundrohre zeigten, so meinte er, das Unvermögen vieler Entwerfer, das Material in seinen Eigenschaften verstehen zu können.
Die Massenproduzierbarkeit war ein weiteres wichtiges Thema für Prouvé. So ist der Tisch für die Compagnie Parisienne de distribution d’électricité eine einfache und funktionale Einheit, die sich zwar schlicht und rational im Entwurf darstellt, die aber zugleich die Komplexität sozial anspruchsvollen Produzierens in sich trägt. Für Prouvé als überzeugten Sozialisten war die Herstellung günstiger und reproduzierbarer Produkte essenziell. Unser Tisch ist ein besonders schönes Beispiel für die Symbiose von Produktionsablauf, Funktionalität und frühmoderner Ästhetik. Die Tischbeine sind aus gebogenen Stahlblechen automatisiert hergestellt. Die starken Dimensionierungen spiegeln Prouvés Anliegen wider, haltbare Alltagsgegenstände bereitzustellen. Die Tischbeine verbinden sich mit den Seiten- und Rückabdeckungen. So konnte das Bauteil aus einem Stahlblech in wenigen Arbeitsschritten gefertigt werden. Die Schubladen sind ebenfalls aus Stahlblechen. Sie haben Griffmulden, die einfach ins Material gestanzt wurden, was wiederum aufwändige Arbeitsgänge vermied. Der Tisch demonstriert damit eindrucksvoll die konstruktiv-materielle Reduktion im Denken von Jean Prouvé, für die ihn Le Corbusier so sehr schätzte